HOMESTORY
One-Channel schlägt Multi-Channel
Automobilzulieferer stehen in engem Kontakt mit ihren Kunden und die Kundenfluktuation liegt nur bei circa zwei Prozent. Welche Marketingmaßnahmen sind in dieser Konstellation sinnvoll und zielführend?
Die Beziehungen zu den Kunden sind eng, in der Branche kennt jeder jeden, die Kundenfluktuation liegt in der Regel bei nur zwei Prozent. Da stellt sich die Frage, ob Zulieferer jenseits von Employer Branding und Kommunikationsmaßnahmen für Aktionäre überhaupt vom Marketing profitieren. „Marktführer wie beispielsweise Bosch mit weltweit bekannter und nahezu monopolistischer Marktpräsenz sowie geringer Kundenfluktuation könnten Investitionen in klassische Marketingmaßnahmen grundsätzlich infrage stellen. Abgesehen von nach wie vor relevanter Messe- und Online-Präsenz ist Image-Kommunikation vor allem in Regionen sinnvoll, in denen man bislang noch nicht vertreten ist“, sagt Dirk Gerasch, Geschäftsführer der Agentur Gerasch Communications.
Sowohl Produkte als auch der Unternehmensname seien in der Regel bekannt und müssten nicht eigens beworben werden. Für etablierte Zulieferer ist es aus Sicht von Gerasch daher nicht nötig, große Image-Kampagnen oder Produktwerbung in vielen verschiedenen Kanälen zu platzieren. Klassische Marketingkampagnen seien sogar eher kontraproduktiv, da sie von den wahren Bedürfnissen der Entscheidungsträger ablenkten. „One-Channel schlägt Multi-Channel“, sagt Gerasch. Über lediglich einen Kanal, einem Entwicklerportal, kann die Zielgruppe, also die Ingenieure bei Autoherstellern, angesprochen werden. Hier zählen nicht eindrucksvolle Bilder oder Storytelling, sondern die Information. Über ein Blog können sich die Ingenieure austauschen – so erkennt der Zulieferer den Bedarf der Autohersteller und die Autohersteller werden im besten Fall von den Kompetenzen des Zulieferers überzeugt. Aber: Zulieferer sind in den vergangenen Jahren auch in der öffentlichen Wahrnehmung relevanter geworden. Kleine Lieferanten können durch Innovationen systemrelevant sein. Die Fertigungstiefe in der Autoindustrie nimmt immer weiter ab. Das ist die Chance der Lieferanten, eine eigene Marke zu schaffen, die auch Endverbraucher kennen, wie Gore-Tex oder Intel. In der Autobranche ist das schwierig, aber nicht unmöglich. Gerasch: „Die Königsdisziplin für Zulieferer ist es, die eigene Marke und Innovationen in die Image-Kommunikation der Hersteller in Richtung Endverbraucher kommunizieren zu können.“ Bestes Beispiel sei hierfür die Platzierung von ZF in die Endverbraucherkommunikation von BMW.
Automobilwoche 25, Mirabell Schmidt-Lackner, 27.11.2017